Fakten und Mythen zum Wohnungsmarkt

Die Mechanismen im Wohnungsmarkt sind komplex. Eine Überregulierung gilt es zu verhindern. Trotzdem argumentieren die Gegner des Gegenvorschlages ärgerlicherweise mit Mythen statt mit Fakten.

Das Dach über dem Kopf ist ein hochemotionales Grundbedürfnis. Emotionen sind aber selten gute Ratgeber, besonders bei komplexen Themen. Daher erläuterte am öffentlichen GLP-Anlass hoch oben im ParkTower ein ausgewiesener Experte und erfahrener Universitätsdozent – Marco Salvi – die gängigsten Mythen und entsprechenden Fakten zum Wohnungsmarkt.

Die wichtigste statistisch belegte Erkenntnis ist: Je mehr man verdient, desto mehr gibt man für Mieten aus. Mit der beruflichen Entwicklung steigen neben dem Einkommen oft auch die Ansprüche an die eigenen vier Wände. Dieser Effekt lässt sich auch im Gesamtwohnungsmarkt statistisch klar nachweisen: Höhere Einkommen führen zu höheren Mieten. Das liegt ganz einfach daran, dass die Nachfrage nach Mietwohnungen aufgrund der hohen Standortattraktivität das Angebot klar übersteigt. Für die Wohnung wird bezahlt, was mit der persönlichen Schmerzgrenze verkraftbar ist. Der schweizweite Anteil der Mietkosten am Einkommen liegt heute bei 20%, was bereits vor 100 Jahren genau gleich war. Teure Mieten sind somit das Spiegelbild des gesamtwirtschaftlichen Wohlstandes.

Im Kanton Zug sind rund 4.5% der Wohnungen «preisgünstig». Die Sozialisten träumen von einer Revolution, in welcher der heilbringende Staat umfassend günstige Wohnungen «für alle» zur Verfügung stellt. Doch umfassende sozialistische Eingriffe in den Markt schaffen erfahrungsgemäss mehr Probleme als sie lösen. Stattdessen sollten Instrumente genutzt werden, welche mit möglichst tiefen Kosten und einem minimalen Markteingriff die grösstmögliche Wirkung erzielen. Daher muss in erster Linie sichergestellt werden, dass die wenigen preisgünstigen Wohnungen auch effektiv nur von Zugern bewohnt werden, welche sich die gestiegenen Marktmieten nicht mehr leisten können.

Wenn ein glücklicher Grundeigentümer durch eine gesetzliche Um- oder Aufzonung plötzlich viel mehr Nutzfläche und somit einen starken Wertgewinn erzielt, ist eine moderate Mehrwertabgabe fair. Sofern dieser geschenkte Mehrwert unter CHF 1.5 Millionen bleibt, kann er gemäss Gegenvorschlag alles für sich behalten. Bei grossen Projekten muss der Mehrwert, der 1.5 Millionen übersteigt, zu einem Fünftel mit der Allgemeinheit geteilt werden. Das erfolgt primär durch den direkten Bau oder die indirekte Finanzierung von zusätzlichem preisgünstigem Wohnraum. Kann man denn gegen eine solch moderate Abgabe sein? Grosse Grundbesitzer behalten den gesamten geschenkten Mehrwert lieber für sich. Darum setzen Sie sich nun derart laut- und finanzstark für ein doppeltes Nein ein. Das vermeintliche Hauptargument der Gegner ärgert mich jedoch gewaltig. Anstatt ehrlich zu sagen, dass man den Grossgrund-Glückspilzen den ganzen Mehrwert schenken soll, verbreiten sie den Mythos, dass die Mehrwertabgabe auf die Mieter überwälzt würde.

Fakt ist jedoch, dass die Mieten von den Einkommen abhängig sind, da diese sich an der mieterseitigen Schmerzgrenze orientieren. Eine kleine Steuer auf den Mehrwert des Baulandes führt somit nicht zu höheren Mieten, sondern höchstens zu leicht tieferen Extrarenditen für Grossvermieter.

Der Gegenvorschlag schafft die Grundlage dafür, dass wir all jenen helfen können, die hier verwurzelt sind, aber weniger stark am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben. Gleichzeitig wird der Markteingriff so klein wie möglich gehalten. Es ist der richtige Schritt, ohne Experimente in einem komplexen Markt. Daher sage ich Ja zum Gegenvorschlag; Mehrwert teilen – preisgünstigen Wohnraum schaffen!

Kolumne, erschienen am 5. April in der Zuger Zeitung