Anpacken und nicht nur reden

Das hat Tabea Estermann bereits am heimischen Küchentisch gelernt.

Artikel in der Zuger Zeitung von Carmen Rogenmoser zu den Regierungsratswahlen 2022.

Die 29-Jährige will künftig die GLP im Zuger Regierungsrat vertreten. Als Politikerin hat sie einen beeindruckenden Schnellstart hingelegt. Kein Wunder, wird sie von Kollegen auch als «Duracellhäsli» bezeichnet.

Effizienz – dieses Wort fällt im Gespräch mit Tabea Estermann mehr als einmal. Die 29 Jahre junge Grünliberale hat eine klare Vision und verfolgt ihr Ziel selbstbewusst. «Ich wollte schon immer einen positiven Einfluss auf die Menschen und die Umwelt haben, und strebte an, bessere Lösungen finden», beschreibt sie ihre politische Motivation.

Die junge Frau hat einen fast schon kometenhaften Start in der Politik hingelegt: Seit fünf Jahren ist sie Mitglied der Zuger Grünliberalen, bald schon als Co-Präsidentin der Jungen GLP. 2021 wurde sie Co-Leiterin der Kantonalpartei und in den Vorstand von GLP Schweiz gewählt. Seit diesem Jahr führt sie das Präsidium der Zuger GLP – die sie mit einem aufstrebenden Start-up vergleicht – alleine. Ist die Kandidatur für den Zuger Regierungsrat also der nächste logische Schritt?

Estermann verneint und begründet gradlinig: «Die Schlange an Mitgliedern, die das Parteipräsidium übernehmen wollten, ist nicht lange. Es hat sich so ergeben, dass ich das mache.» Für die Regierungsratswahlen wurden verschiedene Optionen diskutiert.

«Ich bin ein proaktiver Mensch. Wenn ich etwas mache, dann richtig»,

sagt sie und ergänzt mit einem verschmitzten Lächeln, dass sie öfters schon als «Duracellhäsli» bezeichnet wurde. Für die Partei sei klar gewesen, dass eine Kandidatin, ein Kandidat gestellt werden soll. «Es braucht eine Stimme für das Klima im Zuger Regierungsrat.» Denn der Klimawandel sei die grösste Herausforderung, mit der die Gesellschaft zu kämpfen habe, sagt Estermann. «Zudem ist bewiesen, dass durch Diversität bessere Resultate entstehen.» Studien zeigen, dass so eher neue Ideen und kreative, effiziente Ansätze entwickelt werden.

Eine ganz und gar nicht biedere Wirtschaftsprüferin

Tabea Estermann belegt ihre Aussagen gerne mit wissenschaftlichen Studien. Was sie sagt, soll Hand und Fuss haben. Dasselbe gilt auch für ihren beruflichen Werdegang. Die diplomierte Wirtschaftsprüferin hat in Genf, Tschechien und China studiert und gearbeitet. Ihr Schwerpunkt: Rohstoffhandel. «Dies aber nicht mit dem Ziel, im Rohstoffbereich zu arbeiten, sondern um zu verstehen, wie die Branche funktioniert. Und um zu lernen, wie man es besser machen könnte», führt sie aus. Nach fünf Jahren hatte sie genug von der grossen weiten Welt: «Mir fehlte die Bodenständigkeit.» In Zug hat sie eine neue Heimat gefunden:

«Der Kanton ist in vielen Bereichen unkompliziert und unbürokratisch. Mir gefällt die liberale Haltung und die internationale Ausrichtung.»

Estermann ist in einer Beziehung, wohnt mitten in der Stadt und berät Unternehmen, die in der Energieversorgung und dem Rohstoffbereich tätig sind. Als Wirtschaftsprüferin kümmert sie sich unter anderem darum, dass die geltenden Gesetze eingehalten werden.

So schnell wie es in ihrem Kopf zu arbeiten scheint, spricht sie auch. Der Eindruck, dass die energiegeladene junge Frau nicht einfach nur redet, sondern tatsächlich etwas zu sagen hat, wird umso stärker, je länger man sich mit ihr unterhält. Die politische Erfahrung in der Legislative und der Exekutive hingegen fehlt ihr. «Ich verfüge über Menschenkenntnis, Führungskompetenz und Leistungsbereitschaft. Die politische Erfahrung würde sicher auch helfen, aber es ist nicht das zentrale», ist sie überzeugt.

Digitalisierung soll «gäbig» sein

Einsetzen möchte sie sich im Regierungsrat unter anderem für eine klimaneutrale Wirtschaft, für erneuerbare Energien und die Digitalisierung. «Es geht darum zu klären, was Digitalisierung genau ist. Es muss ‹gäbig sii›», führt sie aus. Digitale Produkte müssten einfach sein in der Handhabung und niemanden abhängen. «Zudem ist Effizienz in der Wirtschaftspolitik sehr wichtig, digitale Lösungen helfen dabei.» Besonderes Interesse hätte sie bei einer Wahl am Finanz- oder Volkswirtschaftsdepartement. «Schlussendlich muss das aber klug ausgehandelt werden, damit gut gearbeitet werden kann.»

Nicht nur reden, sondern anpacken

Das Verhandeln und Ausloten wurde der gebürtigen Luzernerin in die Wiege gelegt. Tabea Estermann wuchs als jüngstes von fünf Kindern im Luzerner Hinterland auf:

«Ich hatte eine sehr behütete Kindheit, wir waren aber alle sehr aktiv. Die Eltern haben uns stets motiviert, nicht nur zu reden, sondern auch anzupacken.»

So handhabt sie auch den Wahlkampf. Für sie sei das keine zusätzliche Belastung: «Ich bin neugierig und interessiert an den Leuten und was sie machen. Dabei fühle ich mich so wohl wie ein Fisch im Wasser.» Trotzdem bewältigt Tabea Estermann derzeit ein enormes Pensum: «Damit ich alles unter einen Hut bekomme, muss ich abwägen, was wesentlich ist, ich muss pragmatisch, strukturiert und effizient arbeiten. Das liegt mir.»