Listenverbindungen – bloss eine rein rechnerische Angelegenheit?

Zu einem Parteipräsidium gehören in einem Wahljahr viele unterschiedliche – teils interessante und teils eher administrative – Aufgaben. Eine besonders interessante und strategische Entscheidung stand in diesem Jahr für uns im Mittelpunkt: Die Verhandlungen zu den Listenverbindungen für die Nationalratswahlen im Oktober. In endlosen Diskussionen habe ich deren Bedeutung und politische Aussagekraft hinterfragt.

Im Kanton Zug präsentieren sich für die drei Zuger Nationalratssitze drei Listenverbindungen entlang des politischen Links-Rechts Schemas.

  • Die Linke um die ALG und die SP treten wiederum geschlossen an, um den Sitz der alternativen Nationalrätin Manuela Weichelt zu verteidigen.
  • Wir Grünliberalen bilden zusammen mit der Mitte von Nationalrat Gerhard Pfister das konsens- und lösungsorientierte politische Zentrum.
  • Der rechte Pol bildet die SVP von Nationalrat Thomas Aeschi zusammen mit der FDP, welche darauf spekuliert, dank der Unterstützung einer wählerstarken SVP einen Sitz zu gewinnen.

Sind die Listenverbindungen also nun politische oder doch rein rechnerische Angelegenheiten?

Die politische Ebene liegt auf der Hand. In einem Kanton mit nur wenigen Nationalratssitzen sind Listenverbindungen politische Allianzen zwischen Parteien, welche ihre Wählerstimmen zusammenlegen. Die dabei gewählten Vertreter können so gemeinsame politische Interessen vertreten. Es ermöglicht den Wählenden, mit einer Stimme verschiedene Parteien in demselben politischen Spektrum zu unterstützen und dennoch ihre nuancierte Präferenz zwischen diesen Parteien und ihren Kandidierenden zum Ausdruck zu bringen. Weiter verhindern Listenverbindungen, dass Stimmen für kleinere Parteien ohne Aussicht auf eine eigene Vertretung «wertlos» verfallen. Stattdessen kommen diese Stimmen optimalerweise dem Kandidaten zu Gute kommen, der politisch am nächsten steht.

Angesichts des durch die politische Links-Rechts-Polarisierung ausgelösten Stillstandes, ist es für uns Grünliberale wichtiger denn je, die Konsensfähigkeit des Parlaments zu stärken. In dieser Hinsicht teilen wir mit der Mitte dieselbe Art und Weise der politischen Gestaltung. Beide Lager sind sachorientiert und ziehen die Lösungsorientierung einer starren Ideologie vor.

Gewisse Politiker halten Listenverbindungen hingegen für eine rein mathematische Angelegenheit. Es geht ihnen einzig darum, Stimmen von möglichst vielen – teils sehr unterschiedlichen – Parteien zu bündeln, um die nötige Mindestanzahl für einen eigenen Parlamentssitz zu erreichen. Wenn eine Listenverbindung im Kanton Zug mehr als 25% der Stimmen holt, hat die stärkste Partei der Verbindung einen der drei Nationalratssitze für sich. Wenn eine Partei sicher ist, von dieser mathematischen Verteilung zu profitieren, seien die politischen Werte der Partner sekundär, so die Argumentation. Warum aber sollte eine kleinere Partei, die voraussichtlich nicht von dieser mathematischen Verteilung profitiert, einen solchen Deal eingehen? Aus Hoffnung doch stärker zu sein als erwartet? Oder für ein politisches Gegengeschäft?

Damit sind wir wieder auf der politischen Ebene angelangt. Die Grünliberalen sind kleiner als die Mitte, aber wir wollen mit der gemeinsamen Listenverbindung ganz klar unsere politische Positionierung zum Ausdruck bringen: Die GLP steht für Umweltschutz und Biodiversität; aber nicht für Klimakleber und gewalttätige Demos. Weiter steht die GLP für eine liberale und zukunftsgerichtete Marktwirtschaft; aber nicht für soziale Kälte. Unser Fokus liegt auf nachhaltigen Lösungen und konstruktiver Politik.

Insgesamt spielt bei Listenverbindungen sicher auch eine kleine Portion politischer Strategie und mathematischer Berechnung mit. Meines Erachtens müssen Parteien aber in erster Linie sorgfältig abwägen, mit wem sie sich verbinden, um ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren und sich politisch treu zu bleiben. Eine Listenverbindung mit einer ideologischen Polpartei – links oder rechts – kam für die GLP Zug daher nie in Frage.

Tabea Estermann, Kantonsrätin und Präsidentin Grünliberale Kanton Zug